Gefährliche Fluchtrouten: Mittelmeer und Atlantik

Das Mittelmeer: Ort ungetrübter Urlaubsfreuden? Nicht für alle. Die Reise von Menschen auf der Flucht endet oft im "größten Friedhof der Welt." Sowohl der Weg dahin als auch über das Mittelmeer und den Atlantik sind für Migrant*innen vor allem eines: lebensgefährlich.

von
Nicolas Arp
und

Atlantik-Route: sie verläuft hauptsächlich über Marokko oder die Westsahara und den Atlantik in Richtung der spanischen kanarischen Inseln (z.B. Lanzarote, Fuerteventura). Der Seeweg beträgt rund 240 km. Dies ist die Ausweichroute nach dem Beitritt Spaniens - und damit seiner beiden Exklaven Melilla und Ceuta auf marokkanischen Boden - zum Schengen-Raum im Jahr 1991. Damit verschoben sich die EU-Außengrenzen in die beiden Exklaven.

Zahlreiche Menschen kamen auf dieser Route ums Leben. Auf Druck und mit Unterstützung Spaniens blockierte schließlich Marokko die Strände der Westsahara. Denn es wurden zunehmend Leichen an die bei Tourist*innen beliebten Strände der kanarischen Inseln angespült. Die Folge: Flüchtende wichen südlich nach Mauretanien aus. Von dort verlängert sich der der Seeweg allerdings auf rund 900 km. Aber die kanarischen Strände blieben frei von Leichen.

Zahlreiche Abkommen machten diese Route immer beschwerlicher, so dass Menschen teilweise schon von Senegal aus die Überfahrt wagen - und damit 1500 km Seeweg vor sich haben.


Zentrale (Mittelmeer) Route: sie verläuft von Libyen oder Tunesien nach Italien bzw. der italienischen Insel Lampedusa zwischen Sizilien und Tunesien oder nach Malta. Nach der zunehmenden Absicherung der westlichen Route gewann sie mehr und mehr an Bedeutung. Allerdings bildet sie für Menschen aus Subsahara eine zusätzliche Gefahr: die Durchquerung der Wüste Sahara. Dies macht sie besonders tödlich, da viele Menschen die Küste nicht erreichen, sondern bereits in der Sahara umkommen.

Die zunehmende Nutzung dieser Route ließ wiederum Spanien und Italien reagieren. Italien etwa war so besorgt, dass es das bis dahin international weitgehend isolierte Libyen an den Verhandlungstisch holte. Bereits Ende der 90er Jahre wurden erste Abkommen unterzeichnet, die eine Rückführung geflüchteter Menschen nach Libyen ermöglichten. Anfang der 2000er begann die internationale Gemeinschaft Libyen aus der Isolation zu holen, was den Weg zu einer engeren Zusammenarbeit im Kampf gegen die irreguläre Migration ebnete. Allerdings enden Rückführungen nach Libyen für geflüchtete Menschen meist in den dortigen Camps - de facto sind das Gefängnisse aus denen bereits von zahlreichen schweren Menschenrechtsverletzungen berichtet wurde.


Östliche (Mittelmeer) Route: die östliche Mittelmeer-Route verläuft vom Nahen und Mittleren Osten und Afrika über die Türkei nach Griechenland (auf die ägäischen Inseln). Zu dieser Route kann die kleine Landgrenze zwischen der Türkei und Griechenland und damit die Überquerung des Grenzflusses Evros gezählt werden.

Die griechische Regierung begann, geflüchtete Menschen auf den Inseln (allen voran: Lesbos, Samos und Chios) festzuhalten und sie an der Weiterreise zu hindern. Folge war die Schaffung der als Hotspots bekannten Camps mit oft menschenunwürdigen Lebensbedingungen - weil immer mehr Menschen deren Kapazität sprengten und in ihrem Umfeld meist “Dschungel” genannte inoffizielle Behausungen entstanden.

Die östliche Route gewann durch die zunehmende Abschottung der beiden anderen Routen an Bedeutung. Beunruhigt durch diese Entwicklung handelte die EU 2016 den EU-Türkei-Deal aus, um Geflüchtete an der Überfahrt aus der sowie Abschiebungen in die Türkei zu erleichtern.  


Quellen:
Jakob/Schlindwein; Diktatoren als Türsteher Europas; 2017
Süddeutsche Zeitung; Flüchtlingsrouten - So erreichen Flüchtlinge Europa (letzter Zugriff: 22.04.20)